Resettlement and Refugees Worldwide – das Schwerpunktthema der diesjährigen General Assembly von ASF-International betrifft fast jeden Erdbewohner. An verschiedenen Stellen in der Stadt konnte man sehen, dass auch die Einwohner Mallorcas davon betroffen sind. Die Veranstaltung fand in diesem Jahr wieder gemeinsam mit ARC-Peace statt, einer der Partnerorganisationen im Netzwerk von ASF-International. Der erste Tag war bestimmt für Redebeiträge zum Thema Flüchtlingsunterbringung und für Vorstellungen neuer Mitgliedsorganisationen im Centre Social Flassader, einer ehemaligen Textilmanufaktur mitten in der Altstadt, die von der Stadt erst kürzlich vollständig saniert und in ein Kulturzentrum umgewandelt worden ist. Hier trafen sich dann auch am zweiten ASF-Int. und ARC-Peace getrennt zu ihren jeweiligen Vollversammlungen. Das Seminar fand am im Centro Cultural la Misericordia statt.
Die gesamte Veranstaltung wurde von der Stadt Palma großzügig durch die kostenlose Bereitstellung der Räumlichkeiten und eine Mittagsbewirtung unterstützt. Der Bürgermeister hielt am Donnerstag die Eröffnungsrede, in der er die besonderen Herausforderungen darstellte, dies sich für seine Stadt angesichts des Zustroms an Touristen und Flüchtlingen stellen. Anschließend stellten Andrés Cáceres und Xavier Codina als Vertreter von ARC-Peace und ASF-International das Programm für die 4 Veranstaltungstage vor, bevor die neuen Mitglieder des Netzwerkes Gelegenheit hatten, ihre Organisationen vorzustellen.
Von den zahlreichen Vorträgen mit der Vielfalt an Projekten und Betrachtungsweisen kann hier nur ein kleiner Ausschnitt wiedergegeben werden. Detailliertere Informationen werden bei Zeiten auf der Internetseite von ASF-International abrufbar sein. Den Anfang machte Luc Guérin von Emergency and Development Architects Canada, der in seinem Vortrag mehrere Wiederaufbauprojekte seiner Organisation zur Stärkung der Selbsthilfekräfte von besonders notleidender Bevölkerung in Nepal vorstellte. Bence Komlosi von Architecture for Refugees präsentierte in seinem Vortrag die Arbeit dieser ungarischen Plattform vor, die sich mit zahlreichen und vielfältigen kleinen Aktionen um eine Mobilisierung der Öffentlichkeit gegen die offizielle Regierungspolitik und für die Rechte von Flüchtlingen bemüht. Margerita M. Alonso von ASF-Spain stellte Modelle der Bürgerbeteiligung für von Migration betroffene Nachbarschaften vor. Øystein Grønning (ASF-Norway) berichtete über Aufnahmeeinrichtungen für palästinensische Flüchtlinge, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und Antonia Campins (Majorcan Fund for Solidary and Cooperation) berichtete über eine Zusammenarbeit mit Flüchtlingen auf der Insel Chios. Schließlich stellte Pawan Shresta (EWB-Nepal) die aktuellen Probleme mit dem Wiederaufbau in seinem Land dar. Für Baumaßnahmen bekommt man immer noch keine Genehmigungen. Bisher hat es die Regierung nur geschafft, der Bevölkerung Regeln für den Wiederaufbau ihrer zerstörten Häuser in die Hand zu geben. Hilfsorganisationen werden ausgebremst. Noch immer gibt es keine nennenswerten Wiederaufbauleistungen. Inari Virkkala (Ukumi-Finnland) stellte an einem Beispiel die Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität von Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in ihrem Land vor, bei denen versucht wurde, durch Einbeziehung der Flüchtlinge bei der Mitgestaltung ihrer Wohnumgebung deren Identifikationsgefühl für die neue Umgebung zu verbessern.
Am Abend berichteten mehrere Vertreter aus verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung über partizipatorische Ansätze der Stadt Palma zur Bewältigung sozialer und städtebaulicher Probleme mit einer lebhaften Diskussion im Anschluss bei der auch Probleme der Gentrifizierung durch den entstehenden Preisdruck auf sanierte Stadtgebiete im Zentrum der Stadt zur Sprache kamen.
Am Freitag fanden die Mitgliederversammlungen von ASF-International und ARC-Peace in separaten Räumlichkeiten statt. Wichtigstes Ereignis nach dem Rechenschaftsbericht war wieder die Neuwahl des 11-köpfigen Vorstandes, dessen 2-jährige Mandate versetzt auslaufen. Von den Vorständen mit auslaufenden Mandaten haben sich Amani Alshaban (ASF-Jordan) und Inari Virkkala (Ukumbi-Finnland) zur Wiederwahl aufstellen lassen. Daneben gab es mit Beatrice De Carli (ASF-UK) und Stephane Plisson (ASF-France) zwei Bewerbungen von Mitgliedern, die in der Vergangenheit bereits im Vorstand gewesen sind und sich nun wieder einbringen wollten. Alle Kandidaten wurden in geheimer Wahl neu in den Vorstand gewählt. ASF-International ist ein Beispiel für einen Verein, in dem Veränderungen im Vorstand selbstverständlich sind, in dem Vielfalt und Wechsel gelebt wird. Seit seiner Gründung 2007 hat der Verein bereits vier verschiedene Vorsitzende gehabt. Durch den regelmäßigen Wechsel aller Vorstandposten, die jeweils nach der Wahl innerhalb des Vorstands neu verteilt werden, besteht Meinungsvielfalt, Pluralismus und Demokratie. Jeder bekommt eine Chance. Meinungsführerschaft wird so wirksam vermieden.
Am Samstag gab es von ASF-UK ein Seminarangebot zu dem Fortbildungsprogramm Challenging Practice, das von mehreren Partnern (ASF-UK, ASF-France, ASF-Italy und ASF-Spain) in den letzten Jahren gemeinsam entwickelt wurde und jetzt als berufliche Spezialisierung für Studenten und Architekten angeboten wird. Den Seminarteilnehmern wurden in zwei Phasen die Struktur, Inhalte und Arbeitsweise von diesem Fortbildungszykluss nahe gebracht, der ansonsten in 4 Semestern vermittelt wird: 1. Semester online Selbststudium Theorie – 2. Semester Teilnehmerseminar Grundlagen Vorortarbeit – 3. Semester mehrwöchiger Workshop mit Nutzern in einem Projekt – 4. Abschlussarbeit über die gesammelten Erfahrungen. Die Seminarveranstaltungen haben bereits in verschiedenen Ländern stattgefunden. Das Programm ist sehr erfolgreich. Mehrere Mitglieder unseres Vereins, die bereits an Challanging Practice Veranstaltungen teilgenommen haben, waren sehr zufrieden damit. Hier bieten sich auch für Architekten über Grenzen Perspektiven einer aktiven Partizipation.
Am Sonntag nahmen zahlreiche Mitglieder von ASF-International und ARC-PEACE die Gelegenheit zu einer gemeinsamen kunstgeschichtlichen Führung durch die Hauptstadt Palma wahr und erhielten zu Bauwerken und zur Stadtgeschichte detaillierte und teilweise auch überraschende Informationen, die in Reiseführern meistens nicht erwähnt werden.
Neben dem offiziellen Programm haben auch dieses Mal wieder die vielen anregenden Tischgespräche beim gemeinsamen Frühstück, in den Pausen und abends nach den Veranstaltungen das ungeheure Potential an Ideen, Engagement, Zusammenarbeit und gutem Willen zum Ausdruck gebracht, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft verbindet und für einen kurzen Augenblick zusammenführt zu einer fruchtbaren Bereicherung.
Verfasser: Thomas Schinkel