Am 23./24. September 2016 fand die Abschlussveranstaltung unserer Veranstaltungsreihe zum Thema Wissenskooperation „Nachhaltiges Bauen in der Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe“ oder kurz NaBEK statt, wieder in Berlin. Diesmal im IGM Gebäude von Erich Mendelsohn, in dem auch die Berliner Architektenkammer ihre Sitz hat. Zum dritten Mal hat sich wieder eine sehr bunt gemischte Gruppe von Fachleuten und Planern aus dem breiten Spektrum der Entwicklungszusammenarbeit (GOs, NGOs, Fachplaner) getroffen, um voneinander zu lernen und Wissen sowie Erfahrungen auszutauschen und weiterzugeben.  Das Echo am Ende des letzten Veranstaltungstages war von allen Seiten sehr positiv. Der starke Wunsch aller Teilnehmern-Innen, diese Art von Zusammenkünften in Zukunft regelmäßig fortzusetzen, kam deutlich zum Ausdruck in persönlichen Wortmeldungen ebenso wie in den abschließenden Evaluationsfragebögen (Durchschnittsbewertung 9.3 auf einer Skala von 1 – 10), die von den Teilnehmer ausgefüllt wurden. Eine Publikation zur Veranstaltungsreiche liegt mittlerweile unter dem Titel  NaBEK HANDBUCH – Ergebnisse der Wissenskooperation „Nachhaltiges Bauen in der Entwicklungszusammenarbeit & Katastrophenhilfe“ liegt mittlerweile vor und kann hier kostenlos abgerufen werden.
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Insgesamt haben an dieser Veranstaltungsreihe 63 Teilnehmer-Innen teilgenommen,  davon 38 Vertreter von 28 verschiedenen GOs/NGOs, 8 FachplanerInnen sowie das NaBEK-Team mit den Moderatoren von humantektur und den Vereinsmitgliedern. Folgende Organisationen waren vertreten:
action medeor e.V.
ADRA Deutschland e.V.
arche noVA e.V.
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e.V.
Brot für die Welt e.V.
Caritas International
CBM-Christoffel-Blindenmission
CRAterre
Deutsches Rotes Kreuz
Diakonie Katastrophenhilfe
Esperanza e.V.
Grünhelme e.V.
Habitat for Humanity Deutschland
Hallo Kongo e.V.
help – Hilfe zur Selbsthilfe e.V.
Hoffnungszeichen e. V.
IFRC-Shelter Research Unit
Initiatives of Change
Kindermissionswerk Die Sternsinger
Lands Aid e.V.
Little Big World e.V.
Mädchenschule Khadigram e.V.
OYAK – Verein zur Förderung der Entwicklung in Mittelamerika
Shelter Now Germany e.V.
SOS Kinderdorf International
Transparency-International
Engagement Global
GIZ
CoCoon-Studio
Roswag Architekten
TERRANE CONSULT
Das Programm für die Abschlussveranstaltung wurde nach Auswertung der Workshop-Runden und der Rückmeldefragebögen aus den beiden vorherigen Veranstaltungen wieder gemeinsam mit Michael Grausam und Andreas Bernoegger vom Büro humantektur zusammengestellt. Für beide Tage waren auch dieses Mal wieder Fachvorträge mit anschließender Diskussionsrunde angesetzt. Anstelle der Workshop-Runden fanden dieses Mal Plenumsdiskussionen zu den Interessenschwerpunkten der TeilnehmerInnen und zum Thema Weiterführung der NaBEK-Reihe statt. Die Gesamtleitung und die  Veranstaltungsmoderation lag in den Händen von Architekten über Grenzen und humantektur.
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Der erste Veranstaltungstag zeigte mit 5 Projektvorstellungen und Erläuterungen zur Arbeitsweise der jeweiligen Organisationen bei allen Unterschieden auf viele Gemeinsamkeiten auf Grund immer wieder gemachter ähnlicher Erfahrungen. Besonders deutlich wurde dies bei den zwangsläufig kurzfristig zu entwickelnden Projekten in der Not- und Katastrophenhilfe. Alle Vorträge von in diesem Bereich tätigen Organisationen zeigten sehr anschaulich die Kehrtwende, die in diesem Bereich zunehmend stattgefunden hat in Richtung nachhaltigerer Maßnahmen und Rückgriff auf die lokalen Ressourcen in materieller und personeller Hinsicht.
Der westlich geschulte Planer mit einem auf Effizienz, Vorfertigung, kurzer Aufbauzeit und wenig fremde Hilfe optimierten Katastrophenhilfe-Baukasten stößt in traditionell orientierten Kontexten oft auf Unverständnis und Ablehnung. Das kann sehr schnell zum Misserfolg führen mit Enttäuschungen bis hin zu einer Verstärkung der Notlage. Daher setzen in der Katastrophenhilfe tätige Organisationen mittlerweile häufig auf eine gezielte Voruntersuchung der örtlichen Verhältnisse und der Bedürfnisse der Betroffenen und versuchen von Anbeginn die Nutznießer bei der Minderung ihrer Notlage einzubeziehen.
Eine Erfahrung aus den letzten großen Naturkatastrophen ist, dass oft eine große Zahl Hilfsorganisationen unkoordiniert an einen Ort stürzt, der meist gut erreichbar ist. Dort suchen sie nach geeigneten Projekten und lokalen Partnerorganisationen und machen sich dabei gegenseitig Konkurrenz. Einige Organisationen haben daraus mittlerweile die Konsequenz gezogen, gezielt nur noch in entlegene Orte zu gehen, die von den anderen Hilfsorganisationen nicht erreicht werden. Dort klappt die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern oft besser und dort sind Projekte mit lokalen Baustoffe und Bautraditionen oft leichter zu realisieren, weil es kaum eine Alternative gibt.
Die Vortragsreihe eröffnete Michael Grausam vom Büro humantektur am 23. Sept. mit einer Gegenüberstellung von zwei Schulgebäuden, die in unterschiedlichem Kontext – eines in Indien und das andere in Haiti – errichtet wurden und die in Bezug auf die vorgesehene Nutzung unterschiedlich erfolgreich waren. Im Mittelpunkt der Betrachtung stand die Frage, was die Nachhaltigkeit von Gebäuden ausmacht. Der Begriff ist nicht nur Bewertungsmaßstab für Bauprojekte selbst sondern auch für das Erreichen der damit beabsichtigten Nutzungsziele über einen definierten Zeitraum hinaus. Die Bewertung der baulichen und der auf die Nutzung bezogenen Nachhaltigkeit kann bei ähnlichen Projekten (z. B. Schulbauten) sehr unterschiedlich ausfallen.
Im zweiten Input-Vortrag stellte als besonderer Gastredner Olivier Mole die Organisation CRAterre, ihre Philosophie und Arbeitsweise vor. Mit seinem Beitrag „Assessing local building cultures for Resilience & Development“ lieferte er einen sehr sinnvollen und nützlichen Beitrag für den Abschluss unserer Veranstaltungsreihe. Als besondere Zugabe konnten die Teilnehmer eine von CRAterre in Zusammenarbeit mit dem IRCR und Secours Catholique Caritas France erstelltes gleichnamiges Handbuch mit nach Hause nehmen, das im Internet frei heruntergeladen werden kann (s. Link oben). Hier werden aus erfahrener Hand viele praktische Hilfestellungen für die Arbeit vor Ort in Krisenregionen gegeben.
Olivier Mole forscht und arbeitet bei CRAterre (http://craterre.org), einer wissenschaftliche Forschungseinrichtung, die an die École Nationale Supérieure Architecture in Grenoble angeschlossen und in ihrer Art in Europa (meines Wissens) einzigartig ist. CRAterre wurde 1979 gegründet, um weltweit den Lehmbau wiederzuentdecken und sich damit für den Erhalt der Umwelt und des kulturellen Erbes sowie gegen die Verarmung bedrohter Bevölkerungsgruppen zu engagieren. Drei Hauptziele werden verfolgt: die Förderung lokaler Ressourcen, die Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse und die Förderung kultureller Vielfalt. CRAterre verfügt über mehr als 35 Jahre Erfahrungen und Expertenwissen im Bereich lokal angepaßte Bauweisen, arbeitet mit eigenen Fachleuten und in interdisziplinären und internationalen Teams, hält enge Beziehungen zu anderen Einrichtungen und Experten, bietet Fortbildungsmaterialien- /kurse und Ausstellungen an. Der Schwerpunkt lag ursprünglich beim Lehmbau in allen seinen verschiedenen Facetten und wird heute auch in seiner Verbindung mit anderen Materialien wie z.B. Bambus erforscht. Die baukonstruktiven Wurzeln von bedrohten Gemeinschaften werden in dem jeweiligen sozialen, kulturellen und ökonomischen Kontext gestellt. Daraus werden baukonstruktive Lösungsmöglichkeiten entwickelt zur Verbesserung vorhandener Gebäudekonstruktionen sowie zur Weiterentwicklung traditioneller Bauweisen in Hinblick auf Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber der Einwirkung von Naturereignissen. In den letzten Jahren hatte CRAterre Arbeitsschwerpunkte in Haiti, Nepal und Bangladesh aber auch Projekte in der DR-Kongo und in vielen anderen notleidenden Ländern. Mitglieder unseres Vereins sind indirekt in einem Projekt in Haiti involviert, bei dem der Projektträger eine von CRAterre weiterentwickelte lokal angepasste nachhaltige Bauweise einsetzt.
In dem dritten Vortrag erläuterte Thomas Schinkel von Architekten über Grenzen das Projekt der Errichtung einer Berufsschule zur Ausbildung von Brunnenbauern in der DR-Kongo für die Verbesserung der ländlichen Trinkwasserversorgung, das der Verein im letzten Jahr mit Fördermitteln des BMZ begonnen hatte. In den wenig entwickelten Ländern der Subsahara ist das Fehlen von sauberem Trinkwasser ein sehr verbreitetes und großes Problem, trotz teilweise erheblicher Anstrengungen nationaler/internationaler Träger im Zuge Realisierung der Milleniumsziele der UN die für 2015 für 60 % der Bevölkerung einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser erreichen wollten. Die DR-Kongo bildet auch hier das Schlusslicht mit einem Zugang zu sauberem Trinkwasser für landesweit etwa 30 % der Bevölkerung. In ländlichen Raum kann es deutlich weniger sein (z. B. Projektstandort Prov. Bandundu: ca. 11 %). Demgegenüber stehen enorme Grundwasserreserven, die auf Grund der Bodenverhältnisse und des guten Erneuerungsfaktors sehr gute Voraussetzungen zur Trinkwassergewinnung bieten.
Die Berufsschule für Brunnenbauer soll einen Anstoß geben, um durch manuelle Brunnenbohrung und manuelle Wasserförderung die ländliche Trinkwasserversorgung zu verbessern, dort wo mechanisierte Bohrverfahren mangels geeigneter Verkehrswege nicht möglich sind. Direkte Folgewirkungen wie weite Verbreitung von oft tödlichen Infektionskrankheiten, Gewalt gegen Frauen und Kinder als Wasserholer sollen wirksam bekämpft werden. Darüber hinaus soll Jugendlichen mit einem Schulabschluss, die allgemein keinerlei Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven haben (>90% Arbeitslosigkeit) eine Chance gegeben werden. Die Nachhaltigkeit bei diesem Projekt wird sich erst auf mittlere bzw. längere Sicht zeigen, wenn absehbar ist wieviele Brunnenbau-Kleinunternehmen und wieviele Brunnen entstanden sind.
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Im vierten Vortrag stellte Marcel Kipping die Arbeit von hoffnungszeichen e. v. – sign of hope in der Not- und Katastrophenhilfe und der nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel eines Wiederaufbauvorhabens in Nepal vor. Gemeinsam mit einer lokalen Partnerorganisation und deutschen Partnern unterstützt der Verein die Bevölkerung in Dalchoki, einem Dorf auf rund 2.000 m Höhe. Die Bewohner sind es gewohnt, ihre Häuser selbst bzw. mit Hilfe der Gemeinschaft zu errichten. Hoffnungszeichen e. V. steht ihnen mit Fachkenntnissen bei der Errichtung von Gebäuden zur Verfügung und stellt das Geld zum Erwerb von Baumaterialien. Bevor es losgeht nimmt jede Familie an einem Training teil, um ihr Wissen im Bereich des erdbebensicheren Bauens zu vertiefen. Nach erfolgreicher Teilnahme wird ein erster Betrag ausgezahlt, von der die Dorfgemeinschaft Beton, Steine und Holz einkaufen kann. Erst nach Abnahme des ersten Bauabschnitts durch einen Baufachmann werden weitere Gelder ausbezahlt.
Mitarbeiter der lokalen Partnerorganisation informieren die Bevölkerung, wie viel Geld pro Familie zur Verfügung steht und welche Hausgrößen und -arten damit errichtet werden können. Jede Familie kann zudem eigene Mittel einbringen, um die Unterkunft an die jeweilige Familiengröße anzupassen. An gut erreichbaren Standorten können Steinhäuser errichtet werden, in den schwer zugänglichen Gebieten Lehmhäuser. Dort wo keine Verkehrswege sind, muss das Material in unwegsamem Gelände mit Muskelkraft den Berg hochgetragen werden. Dort ist die Verwendung von unmittelbar vor Ort verfügbaren Materialien wie Lehm ohne Alternative. Auch Häuser aus Lehm können erdbebensicher errichtet werden und sind zudem günstiger, d. h. für den gleichen Betrag erhält man mehr Wohnraum. Die Entscheidung bleibt jeder Familie selbst überlassen. Insgesamt sollen 250 Häuser im Dorf Dalchoki errichtet werden, einige davon sind bereits fertig. Ein Haus kostet 3.000 Euro inklusive aller Koordinierungskosten.
Im letzten Beitrag des ersten Tages erläuterten Barbara Küpper und Klaus Teschner  von Misereor e. V. ihre Vorgehensweise in Krisengebieten unter dem Titel „Selbstorganisiertes und angemessenes Bauen – auch nach Katastrophen“ an Wiederaufbauvorhaben in Haiti. Besonders interessant waren die Gemeinsamkeiten und Überschneidungen mit der Herangehensweise von CRAterre. Beide Organisation kennen sich über gemeinsame Projektpartnerschaften. Es war interessant zu sehen, dass und wie Wissensaustausch auch auf internationaler Ebene in Einzelfällen bereits existiert, funktioniert und neue Ansätze in der Katastrophenhilfe allmählich Einzug halten. Auf Grund vielfach negativer Erfahrungen mit einer Vielzahl konkurrierender Organisation in den Schwerpunktgebieten der Krisenintervention, sucht Misereor gezielt Projektvorhaben in den entlegenen Regionen, die von anderen Organisationen vernachlässigt werden und deren Bevölkerung noch nicht unter einer Vielzahl unterschiedlicher Hilfsangebote wählen kann, um dort in enger Kooperation mit lokalen Partnern, der lokalen Bevölkerung und lokalen Behörden partizipative Modelle zu etablieren.
Misereor führt nicht selber Projekte aus sondern nur mit lokalen Partnerorganisationen. Es werden keine provisorischen Unterkünfte errichtet, weil sie oft zu Dauereinrichtungen werden. Kleine Lösungen mit Erweiterungspotential, die Verwendung lokaler Materialien (Sand, Erde, Steine, Holz), flexible Raumkonzepte stehen im Vordergrund. Der Wert dieser Gebäude muss den lokalen Nutzern aber als „kulturelles Erbe“ überzeugend nahe gebracht werden. Dabei stellt die Konkurrenz zu modernen Baumaterialien wie Stahlbeton und Stahl eine permanente Herausforderung dar: geringer Aufwand für Vorbereitung und Begleitung der Baumaßnahmen sowie einfache Planung und Kontrolle. Die relativ hohen Kosten pro Wohneinheit stellen dabei für viele Organisationen kein prinzipielles Problem dar. Im Gegenteil, der Druck von außen auf die Hilfsorganisationen, schnell einen möglichst hohen Teil der für Haiti gespendeten Gelder umzusetzen, begünstigte weder die Suche nach den sparsamsten Lösungen noch die vorrangige Nutzung lokaler Materialien und die breite Beteiligung der betroffenen Bevölkerung. Hier geht Misereor grundsätzlich andere Wege.
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Am letzten Tag lag ein Schwerpunkt bei der Diskussion und Bewertung von verschiedenen Vorschlägen, die von den Teilnehmern der Veranstaltungen zur Weiterführung der NaBEK-Veranstaltungsreihe gemacht worden sind.  Daneben gab es weitere Vorträge. Zunächst stellte Albrecht Harder als freier Architekt, der 3 Jahre für den DED im Tschad gearbeitet hat, unter dem Titel „Selbst wenn wir nicht gewinnen, haben wir schon gewonnen“ zwei Schulbauwettbewerbe vor, an dessen Durchführung im Tschad er maßgeblich beteiligt war. Dazu war umfangreiche Feldarbeit bei den beteiligten Dorfgemeinschaften nötig. Mit beiden Wettbewerben konnte ein erstaunlicher Mobilisierungsgrad der Bevölkerung erzielt werden.  Die Dorfgemeinschaften sollten Schulgebäude selber erstellen, die von einem lokalen Gremium bewertet wurden. Als Gewinn winkten  staatliche Unterstützungen bei der Erweiterung, Sanierung und Ausstattung ihrer Schulen. Das Angebot richtete sich nur an Dorfgemeinschaften, in denen bereits bestehende Schulen betrieben wurden.
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Im 2. Vortrag des Tages erläuterte Max Werlein von den Grünhelmen die Leitgedanken und Vorgehensweise der Grünhelme und stellte dies beispielhaft an der Projektarbeit im Nordirak vor. Den Ausgangspunkt der Arbeit bildet die Peace Corps Idee von John F. Kennedy. Sie basiert darauf, das gegenseitiges Verständnis zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen dadurch geschaffen werden kann, das sie sich verpflichten gemeinsam als Freiwillige in Auslandsprojekten zum Wohl aller zusammenarbeiten. Die Grünhelme bauen Häuser und Dörfer, Schulen und Straßen, Hospitäler und Ambulanzen, Baumschulen und Gotteshäuser mit dem Ziel den Lebensraum der Mitmenschen zu erweitern und ihnen so etwas Frieden zu bringen. Christen und Muslime (und andere Menschen guten Willens) bauen gemeinsam auf, was andere zerschlagen haben. Dabei gehen sie auch an Grenzen. Der Verein finanziert sich ausschliesslich über Spenden und nicht über öffentliche Fördermittel, um unabhängig zu bleiben.
Aktuell engagieren sich die Grünhelme sehr stark im Nahen Osten. Sie helfen den aus dem Shingal Gebirge geflohenen und im Nordirak gestrandeten Jesiden, die dort immer noch in Parks, Schulen, unfertigen Gebäuden oder einfach unter freiem Himmel untergekommen sind und deren Versorgungslage völlig unzureichend ist. Hier wurden vor allem sanitäre Einrichtungen aufgebaut. Im Nordwesten des Iraks haben die Grünhelme, im Distrikt Zumar, mit dem Wiederaufbau einer zerstörten Schule im Dorf Upper Kani Sherin begonnen, kurz nachdem der Ort von den Kurden zurückerobert worden war. Die Frontlinie ist nur wenige Kilometer entfernt. Ziel ist es, den geflüchteten Menschen schnellstmöglich eine Perspektive zu geben und ihre Rückkehr zu ermöglichen. Die neue Grund- und Sekundarschule wird aus vier Gebäudeteilen mit zwölf Klassenräumen, einem Computerraum und einem Labor bestehen. Zwei Gebäudeteile sind im Rohbau fertig. In der Schule sollen in Zukunft rund 500 arabisch- und kurdischstämmige Kinder gemeinsam lernen können. Zu den größten Herausforderungen zählt die Materialbeschaffung, denn „unser“ Dorf liegt genau in dem Gebiet, das zeitweise durch die Kämpfer des IS besetzt war. Checkpoints, an denen Peshmerga und Geheimdienst kontrollieren, wer welche Materialien in das Gebiet bringen möchte, sind an der Tagesordnung. Dadurch kommt es immer wieder zu Problemen beim Transport, beim Kauf von Materialien und natürlich auch zu Verzögerungen des Bauprozesses. Ein großer und deutlich spürbarer Vorteil ist die Entscheidung, die Schule in Kani Sherin in einer Bauweise zu errichten, die in dieser Klimazone sehr vorteilhaft ist. Eine vom massiven Stahlbetonbaukörper abgesetzte und belüftete leichte Dachkonstruktion mit Wellblechdeckung bietet den notwendigen klimatischen Schutz im Inneren. Im Gebäudeinnern bleiben die Temperaturen angenehm, obwohl es draußen äußerst heiß ist.
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Zum Abschluss der Vortragsreihe stellten Nicola Luxen von Eperanza e. V. und Nina Schaal von OYAK e. V. das gemeinsame Schulprojekt – Cecot’z Centro Educativo Comunitario Maya Tz’utujil – in Guatemala vor. Esperanza e. V. ist ein Verein zur Förderung der Entwicklung in Mittelamerika. Seit 1992 engagiert sich der Verein entwicklungspolitisch in Deutschland und im Hochland von Guatemala in der Region Solola und baut dort Grundschulen, Sekundarschulen sowie in Akademien. Insgesamt hat der Verein allein oder in Kooperation mit anderen deutschen Organisationen – u. a. mit Oyak e.V. – mehr als 50 Schulen gebaut. Die Eine-Welt-Initiative OYAK e. V. organisiert und finanziert seit 1994 den Bau von Grundschulen in Guatemala, um der indigenen Bevölkerung bessere Chancen in der Gesellschaft zu ermöglichen und langfristig Armut zu reduzieren.
Die Verwendung traditioneller Baumaterialien und Bauweisen sollte gemeinsam mit den lokalen Fachleuten (Architekt und Statiker) und der Bevölkerung einvernehmlich abgestimmt werden. Die Erdbebensicherheit war dem Projekt ein wichtiger Aspekt. Lehm für die Wände (Adobeziegel) und Bambus für die Deckenkonstruktion spielten eine zentrale Rolle. Auf Grund der 2-geschossigen Bauweisen und der relativ großen Spannweiten wurden experimentelle Detaillösungen entwickelt, die statisch überprüft und und danach umgesetzt wurden. Die Aussenwände des ersten Gebäudes hatten noch 60 cm Wandstärke, die beim Nachfolgebau auf etwa 50 cm reduziert werden konnten. Die Decken des ersten Gebäudes wurden durch Fischbauchträger aus Bambus getragen, die jedoch stärker als erwartet federten und beim Nachfolgebau durch 3 gebündelte kräftige Bambusprofile ersetzt wurden. Das führte zu einer steiferen Deckenkonstruktion, die weniger federte.
Im Abschlussplenum konnten die Teilnehmer der letzten NaBEK Veranstaltung ihre Erfahrungen und Einrücke noch einmal in großer Runde wiedergeben und austauschen. Der gemeinsame Wunsch nach einer Fortsetzung des Wissensaustauschs mit baufachlichem Themenschwerpunkten und konkreten Projektbeispielen wurde von allen TeilnehmerInnen offen zum Ausdruck gebracht. Insofern hat die Veranstaltungsreihe ihr Ziel erreicht und die Notwendigkeit einer Fortsetzung der begonnenen Arbeit belegt.
In folgenden Formaten wünscht sich eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer in Zukunft Angebote:
NaBEK-Symposium: 1 oder 2-tägiger Kongress zu aktuellen Themen der baulichen Entwicklungszusammenarbeit in Anlehnung an die Veranstaltungsreiche, 1 oder 2 Mal im Jahr, mit Vorträgen und Diskussionsmöglichkeiten und Zusammenfassung der Ergebnisse in einer kleinen Publikation
Homepage/Newsletter: Bereitstellung von Quellen, Publikationen und Links zur Verknüpfung von NGOs und Fachplaner-Innen, interner Bereich für Teilnehmer-Innen, externer Bereich für Besucher
Basics Bauen + Fortbildung zu Spezialthemen: Seminarveranstaltungen zu Grundlagen des Bauens, Bau- und Planungsprozessen, Bauweisen aber auch zu Sonderthemen wie Brandschutz, Barrierefreiheit, Verträge, Angebotseinholung, Baustandards etc.
Gründung eines NaBEK-Netzwerks: die Teilnehmer-Innen und/oder ihre Organisationen gründen eine Organisation als Basis für den Wissensaustausch mit einer Homepage, einem Newsletter und zur Vorbereitung von Fachtagungen

Mit finanzieller Unterstützung des
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Verfasser: Thomas Schinkel und Bernd Fischer